Sonntag, 27. März 2016

Trick 17

Trick 17!
Mit dieser umgangssprachlichen Redewendung werden Lösungen oder vermeintliche Lösungen von Problemen bezeichnet. Originelle und ungewöhnliche Lösungswege, einfach und auf Anhieb funktionierend, oder auch vermeintlich raffinierte, die aber von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. So etwa ist diese Redensart, kurz gefasst, in Wikipedia beschrieben.

Was macht man in der Bildungspolitik, wenn einem die Lehrkräfte ausgehen? In Physik zum Beispiel oder in Chemie? Und noch so heftiges Rühren der Werbetrommel keine Abhilfe schafft, zumal die Ausbildung ja viele lange Jahre dauert, das Problem aber kurzfristig besteht und alsbald behoben werden muss, bevor die Elternschaft auf die Barrikaden geht.
  • Nun ja, man könnte sich in den Kollegien umhören, ob sich das einer fachfremd (also ohne fachliche Ausbildung) zu unterrichten traut; vielleicht einer, der früher mal einen Chemie-Experimentierkasten hatte.
  • Man könnte sich aber auch in der Industrie/Wirtschaft umhören, ob es da pensionierte Chemiker gibt oder auch ausgeschiedene oder nicht zum Zuge gekommene. Man nennt das dann Seiten- oder Quereinsteiger oder irgendwie sonst.
Diese Wege hat man auch beschritten, und man hat mit vielen hehren Worten die Not gar zur Tugend erklärt. Experten von außen, toll. Und möglichst viel Unterricht in einer Hand, toll.
Aber die immer größer werdenden Löcher konnte man damit nicht stopfen.

Aber dann die zündende Idee. Man kreiert ein Fächerkonglomerat aus Physik, Chemie und Biologie, gibt ihm einen vornehmen Namen, Naturwissenschaft, und verpflichtet die Lehrkräfte, die eines dieser Fächer haben, das zu unterrichten. Natürlich nur in unteren Klassenstufen 5 und 6.
Wieso das Problem damit gelöst ist? Nun ja, Trick 17 eben, denn Biologielehrkräfte gibt es wie Sand am Meer (Biologie, das kann ja jeder).
Schnell noch ein paar Unterrichtshilfen in Auftrag gegeben oder übernehmen von jenen, welche diese Idee schon früher hatten. Und die Verlage freut es, sie produzieren geschwind noch Schulbücher und Materialpakete dazu.
Aber da sind ja noch die Naturwissenschaftler, die womöglich den Niedergang der einschlägigen Bildung befürchten. Kein Problem, denn fächerverbundenes Denken ist ja Zug der modernen Zeit, ... Aufgaben unserer heutigen Welt lassen sich ehedem nicht fachspezifisch lösen.
Und schon hat man auch unter dieser Klientel Fürsprecher gefunden, einschlägige Werke und Doktorarbeiten schießen wie Pilze aus dem Boden.

Trick 17! Oder?
Vielleicht doch eher „Trick 17 mit Selbstüberlistung“, meine ich.
„Über den Tellerrand schauen!“ – natürlich ist das vonnöten, aber dazu muss man erst mal diesen Tellerrand erreicht haben.
Wolkenkratzer will man bauen – wunderbar! Aber auf marode Fundamente – das kann nicht funktionieren.

Ach ja, laut Wikipedia heißt das in der Schweiz „Trick 77“, in Finnland aber „Trick 3“.
Offenkundig müssen die Finnen viel weniger tricksen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Gerne können Sie einen Kommentar abgeben.