Donnerstag, 31. März 2016

Die 4 Dalton-Brüder

... in der Mathematik.
Wenn Sie mit Mathe rein gar nichts am Hut haben, dann lesen Sie diesen Post nicht.


Als Mensch im Ruhestand habe ich ja jede Menge Freizeit, so glauben es zumindest jene, welche diesen Stand noch nicht erreicht haben. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um wieder mal ein wenig in meinem „Erinnerungskästchen“ zu kramen.

Dabei sind mir die Dalton-Brüder eingefallen, die mir vor einiger Zeit in einem Mathematik-Lehrwerk für die 10. Klasse begegnet sind, bei der Nachhilfe für meinen Enkel (der inzwischen in der Oberstufe ist). Welches Buch das war, verrate ich natürlich nicht, womöglich kriege ich dann Ärger mit dem Verlag. Und einen Screenshot der Aufgabe nebst zugehörigem Bildchen, … lieber nicht, wegen des Copyrights.

In den letzten Jahrzehnten war es ja geradezu ein Boom, der Mathematik, oder genauer gesagt den dortigen Aufgaben, einen zeitgemäßen Anstrich zu verpassen. Mathematik aus dem Leben für das Leben, offener MU und problemorientierter MU, Aufgabenkultur usf. waren die Schlagworte, welche die Bildungsstrategen und die Lehrerschaft und auch die Verlage beschäftigten. Die Resultate kann man inzwischen in nahezu allen Lehrwerken besichtigen, aber was ich da sehe, gefällt mir ganz und gar nicht. Doch das auszuführen, ist ein anderes Thema. Zurück zu den Daltons: Lassen Sie mich die Aufgabenstellung beschreiben, gleich ein wenig kommentiert.

Die vier Daltons (16-Jährige kennen diese Brüder, ... oder nicht mehr, denn Wilder Westen ist out) schießen mit ihren Revolvern auf das Kommando „Feuer!“ senkrecht nach oben (sind ja gute Schützen, die schaffen das, … wie mit der Wasserwaage justiert). Die (ausdrücklich) näherungsweise Funktionsgleichung für „Höhe h nach t Sekunden“ ist angegeben. Wann die Kugel aus der Waffe des großen Dalton (aus 2 Meter Höhe abgefeuert) wieder auf dem Boden aufschlägt, soll auf 2 Nachkommastellen berechnet werden, ebenso für den kleinen Dalton, der aus 1,20 m Höhe schießt.

Helfen Sie mir auf die Sprünge: Die Funktionsgleichung gibt die Flugbahn näherungsweise wieder, die Gleichzeitigkeit der Schüsse wird wohl auch nicht so perfekt gelingen, … aber dann auf hundertstel Sekunden berechnen?
Warum die Aufgabenstellung das vorgibt, wird dem Insider klar, wenn er die Lösungen errechnet. Für den großen Dalton 20,02 Sekunden, für den kleinen 20,01 Sekunden.

Der „kleine Dalton“ (waren die wirklich so unterschiedlich gewachsen?) hat, bei einer Armlänge von ca. 80 cm, eine Fuß-Schulter-Höhe von 40 cm. Ich muss mal recherchieren, ob der kleinwüchsig war. Gemeint sind also nicht die „echten“ Daltons, sondern die Comic-Figuren, die tatsächlich derart „missgestaltet“ daherkommen.
Ach ja, die Aufgabe ist ausgestaltet mit einer Comic-Zeichnung der Daltons beim Schießen in die Luft (für ein Mathematikbuch, würde ich meinen, ist das funktionslos, aufgepeppt eben). Die vier Schüsse gehen treffgenau durch die vier Herzen einer in der Luft schwebenden Herz-Spielkarte. Lustig!

Vielleicht soll aber die Aufgabe den kritischen Umgang der Lernenden mit solchen Aufgabenstellungen provozieren. Allein, mir fehlt der Glaube.
Und jede Wette: Sollten die Kids auf die Idee kommen, die vorgegebene Zeit-Höhe-Funktion graphisch darzustellen (z. B. mit GeoGebra), dann werden sie damit die Flugbahn der Kugel assoziieren, was aber falsch ist. Das abzuklären, wäre ein mathematischer Wert, den man aus der Aufgabe extrahieren kann.



Dabei wären Fragen wie „Fallen die Kugeln den Daltons womöglich auf den Kopf?“ und „Ist das gefährlich?“ oder „Werden die Kugeln vom Winde verweht?“ durchaus interessant. Ich fürchte aber, diese Fragen werden nicht gestellt.
Für Ballistiker und Waffenexperten ist das zweifelsohne spannend. Wen das interessiert, der möge sich das Video der ARD „Kann man von einer herabfallenden Gewehrkugel tödlich getroffen werden?“ aus der Sendung „Kopfball“ anschauen.

Aus der Perspektive der Lernenden würde ich meinen: Wann die Kugel wieder unten ist, das interessiert keine Sau. Und der gute Herr Jean Piaget würde sich im Grabe rumdrehen, könnte er sehen, womit wir hier die Schülerinnen und Schüler beschäftigen.
Und ich übrigens auch, aber zum Glück liege ich ja noch nicht drin.


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